Festivalarchiv 2006 bis 2018

Nele Neuhaus am 15.04.2016 in Bitburg

Einführungsrede Dr. Josef Zierden

Einführungsrede von Dr. Josef ZierdenMeine sehr geehrten Damen und Herren,

die Geschichte der Autorin Nele Neuhaus - sie klingt wie ein Märchen.

Das von einem Mädchen erzählt, von einer Frau, die immer schon schreiben wollte, schon mit fünf Jahren, in phantasievoller Lautschrift zu bunten Bildern.

Und die schließlich, nach vielen Hürden und Holpersteinen, zu einer der erfolgreichsten Krimischriftstellerinnen Deutschlands geworden ist.

Mit einer Auflage von mehr als 6 Millionen alleine in Deutschland, erreicht in kaum zehn Jahren, vor allem mit sieben Krimis. Gedruckt in mehr als 30 Ländern, selbst in Japan und Südkorea, selbst in Russland, Brasilien und den USA.

„Mörderisch erfolgreich“ ist Nele Neuhaus auch mit den Verfilmungen im ZDF: gebannt verfolgt von 6 bis 7 Mio. Zuschauern, zuletzt im Januar dieses Jahres mit „Böser Wolf“.

 

Wer den Erfolg der Nele Neuhaus von heute sieht, die gewaltigen Auflagen und Quoten, ihren märchenhaften Aufstieg, der darf die schweren Anfänge nicht vergessen.

Die ersten Absagen von Verlagen; die Ochsentour des Selbstverlags seit 2005, seit ihrem Krimi-Debüt „Unter Haien“ - auf eigene Rechnung 500 mal gedruckt, in der Garage gestapelt und mühsam verkauft: mit Buchpremieren in angemieteten Sälen, mit Vertrieb über die Fleischwarenfabrik ihres Mannes. Bis ihre Bücher mehr gefragt waren als die Wurst ihres Mannes - und bis der Ullstein-Verlag sie entdeckte, auf den Tipp einer Buchhändlerin im Taunus hin, Ende 2007.

Mit Ullstein und mit dem vierten Krimi um das Ermittlerduo Pia Kirchhoff und Oliver von Bodenstein, mit „Schneewittchen muss sterben“ kam der Durchbruch, der märchenhafte Mega-Erfolg.

Seitdem hat das literarische Grauen weltweit eine wichtige neue Adresse: den Taunus.

Das meint nicht nur die glitzernde Bankenmetropole Frankfurt mit ihrer kühnen Skyline, sondern auch Orte wie Niederhöchstadt, Unterliederbach und Altenhain, Hofheim, Eschborn, Kelkheim, Epstein, Bad Soden oder Königstein - kleinere und größere Orte im Main-Taunus-Kreis, zu dessen Botschafterin man Nele Neuhaus auch offiziell längst schon gemacht hat.

Das sind Nobelorte zuweilen, in denen auch in den Reihen der „höheren 10.000“ das Verbrechen nistet. Von wegen „biedere Provinz“, von wegen „bessere Kreise“.

Bei Nele Neuhaus ist nichts, wie es von außen scheint.

Wenn es um fortgesetzten Missbrauch und schwere Misshandlung von Kindern geht oder um eine Organmafia, um kriminelle Machenschaften rund um die Windkraft oder um düstere Geschehnisse in der Nazivergangenheit, in den undurchsichtigen Tagen von Flucht und Vertreibung.

Da lauert der ein Serienkiller, der „Taunus-Sniper“ beim alltäglichen Hundespaziergang. Da finden sich abgetrennte Hände im Umkleideraum einer Turnhalle oder eine zerstückelte Leiche im Elefantengehege eines Zoos.

Brutal geht es schon zu in den Krimis von Nele Neuhaus, wenn die freundliche, blonde Lichtgestalt des deutschen Krimis ihre düsteren Seiten literarisch entfesselt - in dicken Leseziegeln kaum unter 500 Seiten. Spannend bis zur allerletzten Seite und mit so verwickelten Erzähl- und Figurenstrukturen, dass das ZDF ihnen nur mehr mit Zweiteilern von 180 Sendeminuten beizukommen vermag.

„Böser Wolf“, „Schneewittchen muss sterben“: Da scheinen Märchenwelten anzuklingen, düster allerdings und grausam - wie Märchen ja auch zuweilen sind.

Eher als Märchen sind sie aber finstere Anti-Märchen, gruselige Alpträume ohne happy-end.

 

Ein märchenhafter Wink des Glücks scheint es mir allerdings zu sein, dass wir Nele Neuhaus endlich in der Eifel, in der Region Trier begrüßen dürfen.

In jener Region, aus der ihr Vater stammt - der in Trier geboren und aufgewachsen ist.

Und in jenem Landstrich, der sie motiviert, sich regional gefärbten Kriminalromanen zu verschreiben - ermuntert vom Ur-Vater des Regionalkrimis in Deutschland, von Jacques Berndorf und seinen Eifelkrimis seit 1989.

Eine Rückkehr zu biographischen und literarischen Wurzeln, zu der sich sogar Verwandtschaft eingefunden hat: mit Volker Löwenberg aus Orsfeld - im Eifelkreis Bitburg-Prüm. Und mit Rüdiger Löwenberg aus Heidburg. Eine rechte Vetternwirtschaft ist das heute Abend, ein Familientreffen nach undenklich langen Zeiten. Und Neles Ur-Großvater hatte, eine Fotozusendung belegt es, ein Geschäft für Elektrotechnik in der Simeonstraße zu Trier, Ecke Margaretengässchen - vis a vis der Porta, gleich neben der Stadtsparkasse.

Was ich einmal mehr als glücklichen Fingerzeig auf die nicht nur räumliche Nähe meines Sponsors Sparkasse zur Literatur noch in ihren keimhaftesten Anfängen deute. 

 

Herzlich willkommen in der Bitburger Stadthalle,

herzlich willkommen beim 12. Eifel-Literatur-Festival 2016 -

die mörderisch erfolgreiche Krimiqueen Nele Neuhaus.