Festivalarchiv 2006 bis 2018

Horst Evers am 11. Mai 2016 in Prüm

Einführungsrede von Dr. Josef Zierden

Dr. Josef ZierdenMeine sehr geehrten Damen und Herren,

„Rotes Hemd“ oder „rotes Tuch“?

Das rote Hemd aus Cord ist das Markenzeichen von Horst Evers. Dem bleibt er treu bei allem Wechsel der Programme und der Bücher, der Romane und Geschichten.

Horst Evers - der wechselt seine Meinung und seine kabarettistische Grundhaltung so wenig wie sein Hemd.

Was ist der Stoff, aus dem seine Geschichten sind?

Was ist der rote Faden durch sein kabarettistisches Schaffen?

Eigentlich gilt er als Meister „der kürzeren Strecken“, als „Meister des Absurden“, als einer der „lustigsten, scharfsichtigsten Denker und Kolumnisten der Hauptstadt“. Der seine Themen im Berliner Alltag findet oder unterwegs durch ganz Deutschland. Komisch und pointiert und nonsensverdächtig ist dann, wie Evers die Themen aus dem Hier und Jetzt entfaltet.

Wenn er mit den Tücken einer elektrischen Saftpresse oder eines Weckers mit Schlummertaste kämpft.

Wenn er beim Bäcker „ein Brot von gestern für morgen vorbestellt“.

Wenn er über seine Vorliebe für Adventskalender erzählt. Wie er sich einmal in jungen Jahren einen Ganzkörper-Adventskalender genäht hat, an dem seine Freundin jeden Tag ein Türchen hätte öffnen dürfen, bis hin zum großen Hosenlatz mit der 24. Bei der Freundin stieß er damit allerdings nicht auf offene Ohren oder Türen - sie trennte sich direkt von ihm.

Eine Katzen-Adventskalender mit 24 Mäusen oder ein berauschender Adventskalender mit 24 Joint-Säckchen - auch das sind komische Einfälle aus dem schrägen Ideenarsenal des Horst Evers.

Schon bei der Wahl seines Künstler-Namens kann man denken: Verdrehte Welt. Machte er doch aus aus dem niedersächsischen Ort „Evershorst“ nahe seinem Geburtsort Diepholz einfach den Namen „Horst Evers“.

Freilich, so flach wie manche sog. Berge in Niedersachsen sind seine Witze nicht.

Aber immer erhebend, aus dem Alltag reißend. Weit herausragende Höhepunkte kabarettischer Erzählkunst in der Topographie zeitgenössischen Humors. Den „Deutschen Kabarettpreis“ (2002) und den „Deutschen Kleinkunstpreis“ (2008) hat er dafür verdientermaßen längst erhalten - von der Jury des Mainzer Unterhauses, also: in Rheinland-Pfalz.

Und auch die Höhen der Spiegel-Bestsellerliste hat er, der niedersächsische Flachländer, längst erklommen: Mit Bestsellern wie „Gefühltes Wissen“, „Mein Leben als Suchmaschine“ oder „Für Eile fehlt mir die Zeit“. Den Titel des Buches „Es ist nicht immer Freitag“ haben wir uns zu Herzen genommen - und die Veranstaltung statt auf den üblichen Festivalfreitag ausnahmsweise auf den Dienstag gelegt.

Auf Kurzstrecken ist Horst Evers übrigens nicht festgelegt - er, der als „König von Berlin“ die Weiten Brandenburgs vor der Haustüre hat.

Das beweist sein neuester Langstrecken-Roman „Alles außer irdisch“. Ausgangspunkt der Handlung: Der Flughafen Berlin-Brandenburg, der schon 2012 hätte eröffnet werden sollen - und der, Berliner sind sich da sicher - niemals eröffnet werden wird. Unglaublich die völlig unrealistische Grundidee von Horst Evers, Science Fiction eben: Der Flughafen wird doch eröffnet - und er funktioniert bei der Eröffnung genau 7,34 Sekunden, bis ein riesiges außerirdisches Raumschiff alle drei Starbahnen blockiert.

Und der größte Trottel Berlins, der Mittdreißiger, ewige Student und Muttersohn Gojko Schulz, ist ausersehen, die Welt zu retten.

Das ist die Punktlandung für ein Raumschiff voller irrer Phantasiegestalten - und es ist die Punktlandung für grotesken Humor ohne Grenzen. Von den üblichen Geschichten aus dem Alltag geht es zu exotischen Tagen im All, ab in die unendlichen Weiten des Universums.

Was ich aktuell übrigens beisteuern kann zur Debatte um die ewige Baustelle BER: Da ist kürzlich dann doch jemand „geflogen“ - ein Mitarbeiter nämlich, gefeuert, weil er ehrlich aussprach, was viele denken: Dass diese Flughafen nie eröffnet werden wird.

In der Phantasie immerhin schon, bei Horst Evers.

Herzlich willkommen beim 12. Eifel-Literatur-Festival 2016,

herzlich willkommen in der Aula der ehem. Hauptschule Prüm, die seinerzeit fristgerecht gebaut worden ist,

herzlich willkommen: der Überflieger des deutschen Kabaretts, Horst Evers!