Festivalarchiv 2006 bis 2018

Einführungsrede zu Stefan Aust am 31. Oktober 2018 in Bitburg

Von Dr. Josef Zierden

Dr. Josef ZierdenMeine sehr geehrten Damen und Herren,

„Er war Journalist, und er hatte nur ein Thema: Adolf Hitler.“ So charakterisiert Stefan Aust in seinem Buch „Hitlers erster Feind“ den deutschen Journalisten und Publizisten Konrad Heiden. 1901 in München geboren und 1966 in New York verstorben.

Seit 1921, schon als junger Student in München, und erst recht seit 1923, als Korrespondent der „Frankfurter Zeitung“ in München, begleitete er aus nächster Nähe die Aktionen und die Auftritte Adolf Hitlers und der NSDAP. Früh erkannte er die Gefährlichkeit Hitlers und der aufkommenden nationalsozialistischen Bewegung. Und er schrieb unentwegt über sie - als hartnäckiger „Chronist“ in unruhiger Zeit, als deutsch-jüdischer Berufsjournalist und Schriftsteller, als Politikwissenschaftler und Sozialdemokrat. In den 1920er Jahren, in denen man nicht wissen konnte, was sich aus Hitlers Bewegung entwickeln könnte.

Schon damals erkannte Konrad Heiden Hitlers besondere Redekunst, seine hochsuggestive Wirkung auf die Massenseele und den totalitären Anspruch der Bewegung. Er erkannte früh den Gegensatz zwischen dem kümmerlichen Menschen Hitler und dem politischen Geist, den er „eine gewaltige Erscheinung der Weltgeschichte“ nannte. Und er warnte früh und eindringlich, dass die Zeitgenossen Hitlers Stärke verkennen würden.

So wurde Konrad Heiden, wie es Stefan Aust nennt, zum „Seismographen“ künftiger Erdbeben der deutschen und der Weltgeschichte.

Schon im Dezember 1932 veröffentlichte er eine „Geschichte des Nationalsozialismus. Die Karriere einer Idee“ - als diese kurz vor dem Griff nach der Macht stand. Bücher über Bücher folgten: „Die Geburt des Dritten Reiches“ (1934) und 1936 „Adolf Hitler. Das Zeitalter der Verantwortungslosigkeit“. Ein Mann gegen Europa“ - nach der Aussage des amerikanischen Historikers John Lukacs „die erste substanzielle Studie über Hitler“. Eine Hitler-Biographie, die für die politische Theoretikerin Hannah Arendt noch gewichtiger war als die Standardbiographie des britischen Historikers Alan Bullock aus dem Jahre 1952.

Spätestens nach der sogenannten „Machergreifung“ Hitlers am 30. Januar 1933 wurde es höchst gefährlich für Konrad Heiden. Schon im Frühjahr 1933 musste er abtauchen. Um aus den Untergrund mit Broschüren und der Organisation von Großveranstaltungen im Saargebiet seinen Kampf gegen Hitler fortzusetzen.

Und als er längst ausgebürgert und staatenlos geworden war, veröffentlichte er 1939 ein Buch über die Novemberpogrome 1938 - und prognostizierte klar den Massenmord der Juden durch Gas.

Mit seinem Buch „Hitlers erster Feind“ hat Stefan Aust 2016 an diesen mutigen Kämpfer gegen Hitler erinnert. Der bei seinem Tod im Jahre 1966 in Deutschland weitgehend vergessen war. Nicht ein einziger Nachruf gedachte in Deutschland dieses Kämpfers für die Freiheit seines Vaterlands.

Mit Stefan Aust schreibt ein brillanter Journalist über einen brillanten Journalisten - und über einen besonderen Typ des Journalismus. Der sich zur Aufgabe setzt, mit Worten aufzuklären, für Freiheit und Humanität zu kämpfen gerade in trüber werdenden, rechtsradikalen Zeiten.

Stefan Aust: Er ist Journalist, und er hat sich mit vielen Themen beschäftigt - seit seinen Anfängen Mitte der 1960er Jahre bei „konkret“, beim NDR, bei Spiegel-TV, beim „Spiegel“ und bei der „Welt“. Er hat Bücher über Bücher geschrieben, viele Bestseller darunter: über die Anti-Atom-Demonstration vor den Toren des AKW Brokdorf ebenso wie über die Hausbesetzer-Szene Anfang der 1980er Jahre. Über den deutschen Agenten Mauss ebenso wie über den Baader-Meinhof-Komplex oder über die Mordserie des NSU und über die digitale Diktatur. An internationaler Wirkung und an renommierten Medienpreisen hat es in Austs langem Journalistenleben nicht gefehlt: Ob Adolf-Grimme-Preis mit Silber für Spiegel-TV oder Goldene Feder oder „Goldene Kamera“.

Herzlich willkommen beim 13. Eifel-Literatur-Festival 2018, herzlich willkommen im Festsaal von Haus Beda zu einer „Zeitreise der besonderen Art“: der renommierte Journalist und Bestsellerautor, aktuell der Herausgeber von „Welt“ und „Welt am Sonntag“ - Stefan Aust.