Festivalarchiv 2006 bis 2018

Einführungsrede zu Eric Emmanuel Schmitt

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

schmal war das Buch und riesig die Begeisterung:
Mit der Erzählung „Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ trat Eric Emmanuel Schmitt 2003 - vor gerade mal drei Jahren - seinen literarischen Siegeszug auch in Deutschland an.
Mit der Geschichte vom 12jährigen jüdischen Jungen Moses, genannt „Momo“, der in einem Pariser Armenviertel lebt, in der „Rue Bleue“.
Verlassen von der Mutter und schließlich auch vom Vater; findet er in dem „arabischen“ Krämer Monsieur Ibrahim einen väterlichen Freund.
- Der hilft ihm, erwachsen zu werden.
- Der zeigt ihm fremde Welten zeigt und schafft immer neu Begegnungen, innere Öffnungen, von Paris bis Istanbul, im Kontrast der Kulturen vom Abendland bis zum Morgenland.
- Mit dem kann der kleine Moses unentwegt im Gespräch sein, auch über Glaubensfragen, auch über wichtige Sinnfragen menschlichen Lebens.
Während Moses’ jüdischer Vater immer mehr den Glauben an Gott verliert und schließlich Selbstmord begeht, aus Verzweiflung, den Holocaust überlebt zu haben - indes seine Eltern in den Lagern der Nazis umkamen...
„Monsieur Ibrahim und die Blumen des Koran“ - das ist so, in scheinbar schlichtem Erzählgewand, eine eindringliche Geschichte von Freundschaft und Liebe, von Weisheit, Toleranz und Herzensgüte - über Altersgrenzen und Religionsgrenzen hinweg.
Sie begeisterte und rührte rasch Hunderttausende von Lesern, riss sie zu Lobeshymnen hin: „Ein Lehrstück in Sachen Güte. Das ist ein unendlich zartes, schönes, liebevolles Buch!“ Unvergessen ist diese begeisterte Empfehlung von Elke Heidenreich in ihrer allerersten „Lesen!“-Sendung im ZDF - nachgerade ein Katapult in die Bestsellerlisten, in denen Eric-Emmanuel Schmitt zum Dauergast werden sollte, und ein Katapult in die Herzen der Leser.
Die verliehen ihm 2004 den erstmals vergebenen Bücherpreis „Publikumsliebling des Jahres, noch vor Paulo Coelho, noch vor Joanne K. Rowling.
Und sie machten ihn zum auflagenstarken Kultautor, den sie mit Dankesbriefen überhäuften, von dem sie sich rühren und erschüttern, trösten und begeistern ließen - in über 40 Ländern auf der ganzen Welt.
„Oskar und die Dame in Rosa“ (2003), „Das Kind von Noah“ (2004), „Das Evangelium nach Pilatus“ (2005) oder in diesen Tagen „Mein Leben mit Mozart“ (2005) und „Milarepa“ (2006):
- sie erzählen, immer wieder mit kindlich-unverstelltem Blick, von Krankheit und Sterben, von der Zerbrechlichkeit, der Verletzlichkeit und Vergänglichkeit menschlicher Existenz und werden doch zu Hymnen des Lebensfreude und des Lebensglücks;
- sie erzählen von Verfolgung und Vernichtung, von Fanatismus und Aggression, etwa zur Zeit der Nazis, etwa zur Zeit des Pilatus - und plädieren gerade deswegen immer neu für Annäherung, Verständigung und Versöhnung, für Liebe, Toleranz und Brüderlichkeit;
- in einer millionenfach aufgelegten “Tetralogie der Weltreligionen“, in einem „Zyklus des Unsichtbaren“, die den Weltruhm des Autors begründeten. Geschrieben mit dem Ziel, das im „Evangelium nach Pilatus“ visionär aufscheint:
„daß die Welt besser und bewohnbarer“ werde.
Als „Superstar der Versöhnungsprosa“, als „Prophet mit der rosaroten Brille“ wird Eric Emmanuel Schmitt zuweilen kritisiert und belächelt - zu Unrecht, lässt er doch erzählerisch souverän aufleuchten, was unsere Gegenwart noch allzuoft vermissen lässt:
- friedliche Annäherung der Religionen, der Kulturen, die nur zu gerne in fundamentalistischer Verhärtung und terroristischer Gewaltbereitschaft aufeinanderprallen;
- ein Mehr an Glauben und Spiritualität in einer Welt, in der - so der deutsche Papst Benedikt XVI. gerade in diesen Tagen - Gott für viele Menschen gar nicht mehr vorkommt. Da ist es schon erstaunlich, dass es ein Autor zu weltweitem Bestsellerruhm bringt mit Büchern, in denen der Glaube eine zentrale Rolle spielt.
Und da ist es verständlich, dass der studierte Konzertpianist und Philosophie-Dozent Schmitt auch in seinem jüngsten Buch, vor wenigen Monaten erschienen, in der genialen Klangkunst Mozarts die Nähe Gottes spürt und eine tiefe Humanität.
Und dass er in Mozarts Bekenntnis zur Einfachheit, zur Klarheit und Schnörkellosigkeit der Kunst immer auch Orientierung und Bestätigung für die eigene Schreibkunst findet.
Was wir heute Abend erleben werden, ist eine einfühlsame Liebeserklärung von Eric Emmanuel Schmitt an einen Seelenverwandten. Dem es scheinbar traumwandlerisch gelingt, Schwieriges leicht werden zu lassen und dem Tragischen seine Erdenschwere zu nehmen - wie es der Klappentext des einmal mehr schmalen und doch gewichtigen Büchleins verspricht.
Bevor wir beginnen, möchte ich dem Ammann-Verlag in Zürich zum 25jährigen Bestehen gratulieren - stellvertretend Ihnen, liebe Frau Ulla Steffan.
Und ich möchte dem Verlag gratulieren - zu diesem Autor, zu Eric-Emmanuel Schmitt.
Herzlich willkommen beim 7. Eifel-Literatur-Festival 2006, heute Abend im Haus Beda in Bitburg, mit freundlicher Unterstützung übrigens der Dr. Hanns-Simon-Stiftung mit Dr. Dietzsch an der Spitze -
herzlich willkommen Sie, liebe Zuhörerinnen und Zuhörer, Freunde der Literatur, und ganz besonders Eric Emmanuel Schmitt. Gemeinsam mit dem Übersetzer und Moderator Dr. Tobias Eisermann.
Willkommen beim 7. Eifel-Literatur-Festival 2006, das heute Abend in die zweite Halbzeit geht. -