Einführungsrede von Dr. Josef Zierden zu Dieter "Max" Moor am 25. April in Prüm
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
„Amerika, du hast es besser“! So schwärmte Johann Wolfgang von Goethe wenige Jahre vor seinem Tod vom jungen Amerika, von der Neuen Welt im Gegensatz zum alten Kontinent Europa.
Ob in dem brandenburgischen Dörfchen mit dem Kunstnamen „Amerika“ wohl alles besser ist?
Jedenfalls haben Sonja und Max Moor hier 2003 eine neue Heimat, neue Nachbarn, ein neues Leben gefunden. Nachdem Sie eine Schweizer Postkartenidylle aufgegeben hatten, um ausgerechnet dorthin zu ziehen, wo eigentlich alle weggezogen sind: in das vielgeschmähte Brandenburg. Weite statt Berge, Aufbaumühen auf einem Biobauernhof statt genussvoller Landidylle.
Amerika, du kleines Dörfchen im Lande Brandenburg - hast Du es besser?
Man könnte es meinen, wenn man sich mit Moor einmal mehr der „arschlochfreien Zone“ nähert, in seiner zweiten Liebeserklärung an die Mark „Lieber einmal mehr als mehrmals weniger“.
Lässt man doch schon im Wald vor den Toren Amerikas großstädtische Hektik, Berufsstress, Termine und Verkehr hinter sich. Taucht man doch ein in ein paradiesisches Panorama von weiten Wiesen und Feldern. Womöglich bei frühsommerlichem Postkartenwetter, mit einem majestätischen Wolkengebirge am tiefblauen Himmel, mit einem satten Grün wildblumengesprenkelter Wiesen. Landleben pur. Erst recht, wenn man den zentralen Dorfanger mit dem reiterlosen Reiterdenkmal umrundet hat, wenn man das große Tor zum Hof durchfahren hat und endlich den Rest der Welt hinter sich lässt. Die Alltagsabenteuer fangen dann aber erst an: in einer Welt, die bevölkert ist von Schafen, Wasserbüffeln und Galloway-Rindern. In der schräge Typen zuhause sind: wie die Ur-Amerikaner Krüpki, Teddy und Bauer Müsebeck. Dazu der geniale Traktormechaniker Jakob aus der Schweiz, der bayerische Viehfahrer Waldemar mit dem hellblauen Tangaslip, der Hufschmied Karl aus dem Westen und die Pferdepflegerin Gaby aus dem Osten, das Großstadtkind Alice mit seiner glühenden Liebe zum Land. Ihnen allen, Menschen wie Tieren und dem feuerroten Hürlimann setzt Max Moor mit seinen humorvollen Geschichten ein erzählerisches Denkmal. Da wird die Erde fast zur Scheibe und die Scheune zum riesigen Operationssaal, wenn der roten Schweizer Traktorlegende Hürlimann eine neue Kupplungsscheibe eingesetzt werden muss - nach tausendfacher Totaldemontage eines alten „68er“, womit ich das Baujahr des Hürlimann meine.
Immer wieder münden Moors pointierte Geschichten „aus der arschlochfreien Zone“ in Bilder vom ländlichen Glück: Wenn der Hürlimann-Gott Jakob nach erfolgreicher Reparatur seine Ehrenrunden durch das Dorf dreht, mit aufpeitschendem Extra-Motorenkonzert bei Teddy, Krüpki und Müsebeck. Oder wenn sich das Stadtkind Alice im Wohnzimmer an den Rücken eines gerade geretteten Büffelkalbs kuschelt und sich wegträumt in die brandenburgische Nacht in Amerika.
Mag Amerika auch, wirtschaftlich gesehen, ein Loser-Dorf gewesen sein, wie so viele in Brandenburg nach der Wende. Dennoch ist es, wie Moor gleich auf der ersten Buchseite schreibt, ein „Lebensqualität-Winner“ - urtümlich geblieben, zuweilen paradiesisch anmutend. Auch wenn nirgendwo verschwiegen wird, dass Landleben immer wieder tonnenschwerer Stress ist, nicht nur im Kampf mit der Monsterbürokratie.
Keine romantische Idylle, nirgends - ganz anders als in den derzeit boomenden Hochglanzmagazinen über die schönen Seiten des Landlebens.
Keine romantische Idylle, nirgends - und doch faszinierend genug, dass schon mehr als eine halbe Millionen Buchkäufer in nur fünf Jahren lesend bereitwillig aufgebrochen sind nach Amerika, in die Weiten Brandenburgs, dessen Botschafter Max Moor inzwischen geworden ist - mit seinen immer neuen charmanten Liebeserklärungen „an die kantigen Brandenburger Bollerköppe“, wie die Berliner Zeitung geschrieben hat.
Eine Dorfwelt, wie sie im Buche steht. Herzlich willkommen beim 11. Eifel-Literatur-Festival 2014, herzlich willkommen in der Aula der ehemaligen Wandalbert-Hauptschule zu Prüm: der Autor und Fernsehmoderator und Wahlbrandenburger Max Moor!