Festivalarchiv 2006 bis 2018

Einführungsrede zu Georg M. Oswald

Einführung von Dr. Josef Zierden, Eifel-Literatur-Festival

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

unterhaltsam, spannend, witzig und intelligent zu schreiben, leichthändig und vergnüglich - das kann für einen Schriftsteller in Deutschland so gefährlich sein wie nützlich.
Gefährlich, wenn man etwa bei den alljährlichen „Tagen der deutschsprachigen Literatur“ in Klagenfurt nach der Ingeborg-Bachmann-Literaturkrone greift und gestrenge Literaturkommissare mit tiefsinnigem, avantgardistisch-intellektuellem, möglichst schwerverständlichem und humorfreiem Literaturgeraune überzeugen muss.
Nützlich, wenn man für Leser schreibt, die Lesbarkeit und Verständlichkeit nicht für ein Manko halten.
„So unterhaltsam hat lange kein deutscher Autor mehr Gesellschaftskritik verpackt“ - für Oswald ist dieses Kritikerlob zu seinem Roman „Alles was zählt“ vielleicht das höchste Kompliment.
Georg M. Oswald - er ist ein Autor der mittleren Generation, am 5. August 1963, vor fast 45 Jahren, in München geboren. Sechs Romane hat er seit 1995 veröffentlicht und sich schon früh den Ruf erworben, einer der Hoffnungsträger der deutschen Literatur zu sein.
„Gesellschaftskritisch“, „politisch“, „realistisch“, „engagiert“, „ein Moralist“, „unterhaltsam“, „nicht verkopft“, „gestochen scharf formuliert“, „Satire mit Krimielementen“, „Poesie der Präzision“ - das sind nur einige der Presseetikette, die sich Oswalds literarischem Werk in den letzten 13 Jahren angehängt haben.
Einem Werk, das immer wieder die Gier nach Geld und Macht und Karriere thematisiert, das Misstände der „turbo“-kapitalistischen Gesellschaft geißelt, das hinter die Prachtfassaden der Reichen, Mächtigen und Schönen schaut und das nicht selten den Blick lenkt auf einen Sumpf von Intrigen, Heuchelei und Bestechlichkeit.
Natürlich zuerst da, wo Oswald lebt: im weiß-blauen Freistaat Bayern, und hier vor allem in München und im Oberbayerischen, bis hin zur Schickeria-Welt am Starnberger See.
Natürlich immer auch in jener Welt, in der sich Oswald beruflich Tag für Tag bewegt: in der Welt der Justiz, des Rechts, nicht unbedingt der Gerechtigkeit, nicht unbedingt der gestrengen Moral - in Anwaltskanzleien wie vor Gericht. Justizkritik verbindet sich da immer mit kritischer Gesellschaftsanalyse,
Als „Anwalt“ ist Oswald da nicht immer nur im juristischen Sinne tätig.
Immer auch wird er da zum Anwalt einer besseren Gesellschaft und zum Anwalt einer Literatur, die dieser besseren Gesellschaft aufklärerisch den Weg bahnt. So auch in seinem jüngsten Roman „Vom Geist der Gesetze“, im Herbst 2007 erschienen.
Im Titel natürlich angelehnt an das Hauptwerk des Schriftstellers und Staatsphilosophen Montesquieu, „De l’esprit des lois“, eines der wichtigsten Werke der Aufklärung, 1748 erschienen. Mit der Lehre von der Gewaltenteilung eine Kampfansage an den Absolutismus und ein Wegbereiter der modernen Demokratie.
Freilich: was sich „Geist der Gesetze“ nennt, mutiert nicht nur im weiß-blauen Filz allzu leicht zum „Ungeist“. „Gerechtigkeit ist etwas für Schwächlinge“, heißt es da allzu schnell in einer Welt, in der Eigennutz und Unmoral zu kategorischen Imperativen avancieren. Da biegen und beugen Anwälte und Politik das Recht in einem Ausmaß, dass wir bei der Lektüre des Romans wenn nicht eine Tragödie, so doch eine Tragikomödie des deutschen Rechts- und Gesellschaftssystem zu erleben meinen, wie der „Berliner Tagesspiegel“ schrieb.
Als weibliche Figur mit verbundenen Augen und einer einer Waage in der Hand stellen wir uns Justitia vor, die Personifizierung, ja die Göttin der Gerechtigkeit. Mit verbundenen Augen, das würde bedeuten: Justitia kann nicht lesen, also auch nicht den spannenden Justizkrimi von Georg Oswald.
Dann wollen wir wenigstens hoffen, dass sie genau zuhören kann, wenn Georg M. Oswald gleich mit seiner Lesung beginnt.
Und wir wollen hoffen, dass nicht Elmar Krekelers Befürchtung in der „Welt“ Wirklichkeit wird: dass Frau Justitia nach der Lesung spornstreichs die Augenbinde und die Waage packen und unser Land verlassen wird...
Bevor hier jemand geht, heißen wir einen anderen erst einmal herzlich willkommen:
Herzlich willkommen beim 8. Eifel-Literatur-Festival 2008, herzlich willkommen im Amtsgericht in Bitburg - Georg M. Oswald.