Festivalarchiv 2006 bis 2018

Einführungsrede zu Tommy Jaud am 17.10.2008 in Irrel

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
Jaud-Freunde mögen es zuweilen deftig!
So hoffe ich, dass Sie bei der Anfahrt heute Abend kein „orientierungsloser Falkplan-Analphabet“ gewesen sind, „der seinen eigenen Arsch nicht mal dann findet, wenn ein Pumpnebelhorn dranhängt“
(ein Zitat aus „Vollidiot“).
Ich hoffe also, dass Sie Irrel durch den Eifeler Herbstnebel hindurch gut gefunden haben - ohne von T-Punkt und Ikea, von Starbucks oder einem Schwulen-Fitness-Studio oder von Vollidioten und Bekloppten aller Art sonderlich aufgehalten worden zu sein.

Mit dem Hummer von Simon Peters blonder Übermieterin in Köln, der Luxus-Trulla, werden Sie ja wohl nicht angereist sein. Sie wissen ja aus Tommy Jauds „Millionär“:
„Vor dem Biosupermarkt sollten sie damit vielleicht nicht parken, der Verbrauch liegt nämlich bei 19 Litern auf hundert Kilometer. Mal abgesehen davon, dass so ein Hummer auf der gleichen Distanz mal eben dreißig Kilo Kohlendioxid in die Atmosphäre bläst. Da genügt schon das Berühren des Zündschlüssels, um das Erdklima um drei Grad nach oben zu treiben. Eine einzige Runde um den Block und zehn Tierarten sterben aus.“
Vielleicht haben Sie sich gestärkt unterwegs:
mit probiotischem Joghurt samt heroischen Fäkalbakterien.
Oder mit Dinkel-Rübli-Häschen oder Dinkel-Fruchtherzen, die ihnen ein Bio-Zwerg, ehemals Ikea-Verkäufer, in einem Bio-Supermarkt angedreht hat.

Bei solchen Öko-Leckerhappen schreibt Simon Peters, ehemals „Vollidiot“ und längst auf dem Weg zum „Millionär“, ja deftige Kommentare auf die Servicetafel eines Bio-Supermarkts.
Kein Wunder, dass er in den meisten Supermärkten seiner Kölner Wohngegend längst Lokalverbot hat.

„Millionär“, das Buch des heutigen Abends, ist das dritte Gag-Feuerwerk in Romanform von Tommy Jaud. Der wäre heute vielleicht Deutschlehrer in Schweinfurt oder Bamberg oder Radiomoderator bei Antenne Franken. Wenn er denn nicht schon während seines Studiums als Gag-Schreiber beim Privatfernsehen aufgefallen wäre: als Witze-Lieferant für Harald-Schmidt, für „RTL-Samstag Nacht“, für die „Sat.1-Wochenshow“ oder für Anke Engelkes „Ladykracher“.
Bei Anruf Witz, Gag auf Bestellung: das macht tauglich nicht nur für Comedy-Serien, sondern auch für Roman-Karrieren.
Mit seinem Bestsellern „Vollidiot“, „Resturlaub“ und „Millionär“ gilt der Ex-Bamberger und Wahlkölner Tommy Jaud als „der Reanimateur des Männerromans“ in Deutschland.

Dass Männer zuweilen nicht nur Idioten, sondern mitunter Vollidioten sind;
- dass unser ganzes Leben womöglich ein Witz ist, gerade dann, wenn es ernst wird;
- dass sich gut lachen lässt über Leute, die nichts zu lachen haben und über sich selbst am wenigsten lachen möchten;
- dass selbst in dauerdepressiven deutschen Landen seitenweise Humorwunder noch möglich sind, mit heftigen Zwerchfellerschütterungen und lauten Lachattacken und Lachkrämpfen als erwünschten Nebenwirkungen: das bezeugen inzwischen mehr als eine Million Leserinnen und Leser von Tommy Jaud, fast schon seit einem Jahrfünft.
Der Autor von „Millionär“, er ist längst schon selber Auflagen-Millionär.
„Witzig“, „originell“, „höchst amüsant“, „wortakrobatisch“, „wundervoll übertrieben und sarkastisch“, „superkomisch“, „ironisch“, „leichtfüßig“, „irre Handlung“: so urteilt die Kritik über die Comedy-Romane von Tommy Jaud, über die immer neuen witzigen Blicke in den zuweilen so traurigen Abgrund von Männerseelen.

In „Millionär“ begegnen wir wieder Simon Peters, vormals „Vollidiot“ und T-Punkt-Angesteller.
Jetzt gefeuert und arbeitslos, Hartz-IV-Empfänger und Bekloppten-Opfer wie Bekloppten-Täter.
Denn Tag für Tag ist er damit beschäftigt, die Welt mit Beschwerdemails und Beschwerdetelefonaten zu überfluten, als ewig nörgelnder Weltverbesserer, als „Robin Hood der Genervten“.

Mal schmecken die Steaks „wie zerschredderte Straßenkatzen“ und die Lammedaillons wie „mit Altöl verklebte Brieftauben“. Mal piekst beim Joggen der Sunkist-Strohhalm bedrohlich im Auge, mal bleibt die Hand gefährlich fest in der Pringles-Packung stecken. Oder er verdurstet fast in einem Toyota Prius, bis ihn ein Verkäufer nach geschlagenen sieben Stunden und elf Minuten dann doch noch anspricht und prompt „das wütende Lenkrad“ als Negativauszeichnung erhält.
Simons Profit: immer wieder neue Produktproben.

Zum Duell zwischen Arm und Reich, Männlich und Weiblich kommt es, als über Simons Winzigwohnung eine blonde „Luxustrulla“ eine Penthousewohnung mit Parkblick bezieht - und das ganze Haus in ein „Geräusch-Guantanamo“ verwandelt. Da muss Simon schon Millionär werden, um die ungeliebte Nachbarin loszuwerden.

Herzlich willkommen beim Eifel-Literatur-Festival in Irrel, im Bürgerhaus „Neue Mitte“, nicht „Neue Linke“ - der Meister des Comedy-Romans in Deutschland, der wie einst der „Bamberger Reiter“ durch den Westen der Republik gejagt ist, um heute Abend bei uns zu sein: herzlich willkommen Tommy Jaud.