Festivalarchiv 2006 bis 2018

Einführungsrede Dr. Josef Zierden zu Klüpfel & Kobr

28. September 2012 in Wittlich

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

eigentlich hat Kommissar Kluftinger heute selber in die Eifel reisen wollen. Allein schon, um den beiden Krimi-Autoren einmal gehörig den Marsch zu blasen, wie er mich wissen ließ. Diesem siebengscheiten Lehrer und diesem Journalistenfatzke. Kopper oder Kobra und Klöpfel oder Klüpfel, jedenfalls diesen beiden Unaussprechlichen aus dem Allgäu.

Hatten die ihn doch jetzt auf den Titel eines Taschenbuchs gehoben mit dem Satz: „Mit Kluftinger durch Deutschland“.
Ja, Kreuzkruzifix, mit ihm durch Deutschland, wo er doch nichts mehr liebte als seine Allgäuer Heimat, den altvertrauten Marktflecken Altusried, die Kasspatzn, seinen alten Passat und, ja doch, auch seine Erika, wenn sie da so vor ihm stand im Bademantel und mit Hausschuhen, wenn das Allgäuer Filettöpfle in der Küche duftete... Was sollte er da auf Reisen gehen!

Angeblich gingen die beiden Herrschaften ja auf Reisen, um dem Kluftinger mal die Welt zu zeigen.
Aber das hatte er den beiden, die immer dieses Krimizeugs über ihn schrieben, ganz klar gesagt: dass die das ja wohl machten, weil da ganz ordentlich was hängen blieb. 3,7 Mio. Auflage, das hatte er bei einem Kollegen letztens selber gelesen, als er ihm über die Schulter geradewegs auf den PC schaute. 3, 7 Millionen Auflage - was war da schon sein kleines Kommissarsgehalt.

Also, da musste schon ein Obolus her von den beiden Herrschaften. Sich selber als kluge, witzige, kurzweilige Autoren feiern lassen, von „Geniestreichen des Krimis“ schreiben lassen und so, sich hochloben lassen in den Allgäuer Himmel - aber ihn, Kluftinger, immerzu darstellen als schrulligen Spießer, als Depp, als Granteler, als übergewichtigen Antihelden, auf dem Kriegsfuß mit Anglizismen, mit Internet und Handy, das war schon gemein. Dabei waren die beiden Herrschaften nicht einmal in der Lage, ihm einen ordentlichen Vornamen mit auf den Weg zu geben.
Und was die beiden mit ihm im neuesten Krimi anstellten, „Schutzpatron“, kreuzkruzifix: sein guter, alter Passat wurde ihm da gestohlen; er musste kilometerweit zu Fuß gehen oder auf dem Rad strampeln, er musste sich mit Taxifahrern rumschlagen, musste fast Autostopp machen, musste sich mit einem Dienst-Wagen plagen. Ja, dieser Kopper und dieser Klipfel schämten sich nicht einmal, ihn in den Flieger zu setzen von Memmingen nach Wien, und das bei seiner Flugangst.

Und dann noch noch die winzige Kabine an Bord, die als stilles Örtchen herhalten musste. Von wegen still, von wegen leichter Rückenwind 6500 Meter über der Erde. Bestialischer Gestank war das, da taugte auch der Pullover als provisorische Gasmaske nicht viel. Herrgottszeiten, fast hätte er das Atmen vergessen. Und hinterher dann, zurück von Wien ins Allgäu, da ließen ihn die beiden in einem winzigen Smart dahinholpern, diesem rollenden Einkaufswagen, in einer ganz und gar unmöglichen Farbe: rosafarben, bonbonrosa. Schreibende Sadisten seien das, brüllte mir Kluftinger ins Telefon.
Von diesen Reisestrapazen müsse er sich erst einmal gründlich erholen. Von wegen: eben mal den beiden nachreisen nach Wittlich, womöglich seinen alten Passat in dieser komischen Eifel zu Schrott fahren oder sich zum Gespött machen mit dem schweinerosafarbenen Smart. Obwohl das zu der Säubrennerkirmes-Stadt Wittlich vielleicht schon wieder gepasst hätte. Überhaupt Wittlich: von wegen, dass die beiden da arbeiten wollten, Krimishow und so. In Wittlich, das hatte ihm letztens noch ein Kollege im Internet rausgefischt, da wurde ja fast nur gefeiert: Kirmes, Wirtschaftswoche, ja sogar ein riesiges Oktoberfest.
Da würden die beiden wohl versacken, war sich Kluftinger ganz sicher. Hoffentlich waren sie noch nüchtern genug, zu erzählen, wie clever er damals die Sache mit dem Mord und dem Burgschatz aufgeklärt hatte. Sonst müsste er, Kluftinger, dann doch noch mal selber nach Wittlich kommen und das klarstellen, und wenn er mit dem schweinerosafarbenen Smart anreisen müsse, zur Säubrennerkirmes vielleicht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren,

so gerne ich heute Abend Kommissar Kluftinger persönlich begrüßt hätte: ich muss mich damit begnügen, seine geistigen Väter zu begrüßen. Die sollen übrigens Volker Klüpfel und Michael Kobr heißen. Und was die so treiben heute Abend in Wittlich, darüber muss ich „Klufti“ später Bericht erstatten, er hat mein Wort.

Und wo Kluftinger schon abwesend ist, da kann ich kann rasch gratulieren: Kluftingers sechster Fall „Schutzpatron“ ist in dieser Woche, aus dem Stand, auf Platz 1 der Spiegel-Taschenbuch-Bestsellerliste gelandet.
Wenn da kein Schutzpatron am Werk war... Kreuzkruzifix!

Und jetzt sage ich endlich „Herzlich willkommen beim 10. Eifel-Literatur-Festival 2012“, herzlich willkommen im Atrium des Cusanus-Gymnasiums Wittlich - Volker Klüpfel und Michael Kobr, die aus jedem Allgäu-Krimi zwerchfellerschütternde Comedy zaubern, ob zwischen den Buchdeckeln oder live auf großen Bühnen - weit, weit weg von Kempten und Altusried.