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Nele Neuhaus: Fürs Krimischreiben braucht man Disziplin. INTERVIEW

12.04.2016

Interview: Birgit Reichert, dpa

"Mit freundlicher Genehmigung der dpa Deutsche Presse-Agentur GmbH, Hamburg, www.dpa.de“ - Online auf unserer Homepage seit 12.4.2016. 

Nele Neuhaus steht seit Jahren ganz oben in den Bestsellerlisten. Ihre Taunuskrimis sind mittlerweile in mehr als 30 Sprachen übersetzt, gerade ist Türkisch neu dazugekommen. Die Fans können sich freuen: Ihr achter Band ist fast fertig.

Eschborn/Bitburg (dpa) - Die Taunuskrimis von Nele Neuhaus (48) ziehen weltweit Millionen Leser in den Bann: Sie sind bereits in 31 Sprachen übersetzt worden. Außerhalb von Deutschland hätten ihre Krimis vor allem in Südkorea und in Polen viele Fans, sagt Neuhaus der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist faszinierend zu wissen, dass in ganz anderen Ländern Geschichten gelesen werden, die ich hier in meiner Heimat im Taunus ansiedele.» Wie Neuhaus Ideen für Krimis findet und wie ihr neuester Band heißt, erzählt sie im Interview.

Frage: Ihre Krimis sind schon über sechs Millionen mal in mehr als 30 Ländern verkauft worden. Was ist Ihr Geheimnis?

Antwort: Ich habe mich das auch schon oft gefragt. Ich schreibe so, wie ich es selbst gerne lesen würde. Ich gebe zu, ich habe einen Massengeschmack, und mit diesem Geschmack treffe ich den Geschmack von vielen Lesern. Die genau das wollen, nämlich einen spannenden Fall, die aber auch gerne über die Protagonisten mehr erfahren wollen. Ich denke, die Verortung ist wichtig, nämlich dass es einen real anmutenden Hintergrund gibt. Und auch die Aktualität. Meine Bücher sind ja immer ein bisschen vom Zeitgeist durchdrungen.

Frage: Wie fallen Ihnen Ihre Taunus-Geschichten um das Ermittlerduo Oliver von Bodenstein und Pia Kirchhoff ein?

Antwort: Tatsächlich werde ich oft von ganz alltäglichen Geschichten inspiriert. Da genügt eine Zeitungsnotiz oder vielleicht eine Dokumentation, die ich im Fernsehen sehe. Am Anfang muss ja immer eine erste Idee sein. Und dann passiert etwas in meinem Kopf, was ich nicht wirklich steuern kann. Es entwickelt sich irgendwie eine Geschichte und ich denke unbewusst immer darüber nach. Und eines Tages wache ich auf und dann ist wirklich die Grundidee da.

Frage: Und dann?

Antwort: Dann heißt es, aus dieser Idee eine Geschichte zu machen.  Ich erstelle Biografien für die einzelnen Figuren, damit ich selber genau weiß, wie sie ticken. Es ist jede Menge Vorarbeit notwendig und auch Recherche, wenn es um Themen geht, die mir nicht so vertraut sind. Das dauert etwa vier bis sechs Monate. Und dann kann ich mich hinsetzen und sagen: «Jetzt schreibe ich die Geschichte auf.»

Frage: Wie weit sind Sie mit ihrem achten Taunuskrimi, der im Oktober erscheint?

Antwort: Ich bin beim letzten Drittel. Und dann kommt natürlich noch einmal Feinarbeit. Ich denke, Ende April bin ich fertig und dann geht das Manuskript ins Lektorat. Der Krimi soll zur Frankfurter Buchmesse erscheinen.

Frage: Sitzen Sie jeden Tag daran?

Antwort: Jetzt im Moment befinde ich mich in einer Phase, wo ich wirklich von morgens um acht bis abends um sechs am Computer sitze und schreibe. Das muss auch so sein, denn im letzten Drittel eines Krimis ist es extrem wichtig, nichts aus den Augen zu verlieren, was man vorher an Spuren gelegt hat. Am Ende muss sich alles schlüssig auflösen. Das ist also wirklich diese hochkonzentrierte Phase, wo alles zusammen läuft, was man vorher locker eingestreut hat, da muss man sich an alles erinnern. Diese Disziplin gehört schon dazu.

Frage: Verraten Sie schon etwas davon?

Antwort: Der Titel ist ganz kurz und schlicht, er heißt einfach nur «Im Wald». Der Taunus ist ja bedeckt von Wäldern und diesmal habe ich mir einen kleinen Ort ausgesucht, den Kelkheimer Stadtteil Ruppertshain, den ich persönlich gut kenne. Es geschehen drei Morde. Im Zuge der Mordermittlungen von Pia, die mittlerweile Sander und nicht mehr Kirchhoff heißt, und Bodenstein stellt sich heraus, dass Bodenstein sehr persönlich betroffen ist, denn ein lange zurückliegendes Ereignis wird plötzlich hochaktuell, und deswegen ist das tatsächlich sein persönlichster Fall.

Frage: Wird es danach noch mehr Taunuskrimis von Ihnen geben?

Antwort: Es sieht im Moment ganz danach aus. Band acht wird sicherlich nicht der letzte sein. Es wird aber auch weiter Jugendbücher, die Pferdeabenteuer mit Charlotte und Elena geben. Und klassische Romane. Diese Vielseitigkeit ist wirklich sehr schön. 

Frage: Krimis im Taunus, in der Eifel oder im Westerwald - wieso sind Regionalkrimis so erfolgreich?

Antwort: Man will Spannung haben, das ist klar, man will sich auch ein bisschen gruseln. In jedem Menschen gibt es diese Affinität zum Dunklen und zum Bösen. Aber natürlich bitte nicht selbst erleben, sondern lieber sicher aus der Ferne beobachten. Und ich kann mir vorstellen, weil es mir selbst auch so geht, dass es den Leser mehr berührt, wenn ein Krimi in einer Gegend spielt, die man kennt. Gerade wenn sich das Unheimliche und der Grusel quasi in der Nachbarschaft abspielen, ist das noch ein zusätzlicher Spannungseffekt, als wenn man Geschichten liest, die in einem schottischen Hochmoor spielen oder in einer amerikanischen Kleinstadt.

Frage: Was bedeutet es Ihnen, das Eifel-Literatur-Festival am 15. April in Bitburg zu eröffnen?

Antwort: Ich freue mich ganz riesig darauf. Festivalchef Josef Zierden hat seit Jahren versucht, mich einzuladen. Es hat nie geklappt, weil ich andere Termine oder kein aktuelles Buch hatte. Aber in diesem Jahr hat es endlich gepasst und das freut mich unwahrscheinlich, zumal ich in der Eifel auch Vorfahren habe. Mein Vater ist in Trier geboren und aufgewachsen. Seine Eltern stammten auch aus Trier.

ZUR PERSON: Nele Neuhaus steht mit ihren Taunus-Krimis seit Jahren ganz oben auf den Bestsellerlisten. Weltweit sind ihre Bücher in über 31 Sprachen übersetzt, besonders beliebt ist sie unter anderem in Südkorea. Die 48-Jährige wurde in Münster in Nordrhein-Westfalen geboren, lebt aber seit ihrem elften Lebensjahr im Taunus.