Festivalarchiv 2006 bis 2018

Das eigene Leben nicht verpassen

07.10.2016

Pater Anselm Grün in Bitburg

Pater Anselm Grün gibt beim Eifel-Literatur-Festival Impulse zu bewusster Lebensführung

Auch bei seiner zweiten Lesung im Rahmen des diesjährigen Eifel-Literatur-Festivals hat Pater Anselm Grün ein großes Publikum angesprochen. In der Stadthalle Bitburg lauschten rund 850 Besucher seinen Ausführungen zum Thema „Versäume nicht dein Leben“. Der Pater vermittelte ermutigende Impulse zu einer gelungenen Lebensführung und verbreitete spirituelle Atmosphäre.

Bitburg. Wann immer Pater Anselm Grün beim Eifel-Literatur-Festival auftritt, strömen die Menschen zu ihm. Denn wie kein anderer versteht es der Autor unzähliger spiritueller Ratgeberbücher, genau die Fragen anzusprechen, die uns alle irgendwann im Laufe unserer Existenz bewegen. Seine Stärke liegt darin, dass er direkt bei den Erfahrungen seiner Leser anknüpft, sie mitten im Leben abholt. So auch in Bitburg.

Das Thema „Versäume nicht dein Leben“ sei ihm über Begegnungen mit Menschen nahegebracht worden, erzählt er. So wohl Junge wie auch Ältere hätten ihm ihr Leid geklagt, sie fühlten sich unbeteiligt an ihrem Leben oder gar ohnmächtig seinem Gang ausgeliefert. Die Ursachen seien vielfältig. Manche Menschen trauten sich aus Angst einfach nicht, ihr Leben anzupacken, weil sie sich nicht gewappnet dafür sähen. Sie bildeten sich fort, versuchten sich zu perfektionieren, blieben jedoch in diesen Bemühungen stecken.

Andere stürzten sich mit großem Hunger in vermeintlich großartige Erlebnisse, versäumten darüber aber das echte Leben. Und wieder andere ließen sich von Menschen oder Gewohnheiten fremdbestimmen, bis sie eines Tages spürten, etwas verpasst zu haben. „Aber Leben heißt mitspielen, nicht Zuschauer bleiben“, erklärt Anselm Grün und: „Das Leben nicht zu versäumen heißt, ihm eine Gestalt zu geben“. Dazu gehöre der Mut, etwas zu wagen. Den aber könne nur aufbringen, wer Sinn im Leben sehe. Sinn entfalte sich im Schöpferischen, im tief empfundenen Erleben (zum Beispiel eines Sonnenuntergangs oder einer Begegnung) und über eine eigene positive Einstellung. Letztere lasse sich durch Verwandlung im christlich-spirituellen Sinne erreichen.

Eine Opferrolle beispielsweise könne man aufbrechen, indem man dem Wort Jesu folge: „Segne die, die dich verfluchen“. Dabei entwickele man aktive Energie, die, auf Hingabe oder Liebe gerichtet, Segen für andere und letztendlich sich selbst bewirke. Viele Menschen verwechselten Verwandlung mit Veränderung, weiß der Pater, der Unterschied sei jedoch groß. Veränderung sei aggressiv, darin liege Ablehnung des Selbst und folglich ein Trachten danach, ein anderer zu werden. „Das Ziel der Verwandlung hingegen ist, mehr ich selbst zu werden, das einmalige Bild, das Gott von mir gemacht hat“. Dieses Bild müsse nicht überall glänzen, seine Schwächen dürften ruhig sichtbar sein. Doch zu ihm zu stehen, mit allen seinen Wunden, Narben und Konflikten, das sei die Grundlage für ein Leben, das zum Segen werde und eine Spur hinterlasse.

Bevor der Pater seine Worte in einem christlich-meditativen Ritual nachklingen lässt, gibt er seinem Publikum noch eine ermutigende Botschaft zum Schritt hinaus ins Wagnis Leben mit auf den Weg, Worte, die Jesus zu einem Kranken gesagt hat: „Nimm Dein Bett unter den Arm und geh“.

Anke Emmerling

Weitere Links: