Festivalarchiv 2006 bis 2018

Einführungsrede zu Richard David Precht

Meine sehr geehrten Damen und Herren,
„Wer bin ich ? Und wenn ja, wie viele?“
Selten ist ein Buchtitel in den letzten Jahren so sehr zum geflügelten Wort geworden, wie Richard David Prechts Philosophie-Bestseller, erschienen im September 2007.

Und noch nie war ein philosophisches Sachbuch so erfolgreich: Nach einer Empfehlung von Elke Heidenreich in ihrer legendären Fernsehsendung „Lesen!“ kam das Buch am 2. Juni 2008 auf Platz 1 der Spiegel-Bestsellerliste - wo es das Pilger-Epos „Ich bin dann mal weg“ von Hape Kerkeling nach 100 Wochen von der Spitze verdrängte.
Prechts Philosophie-Bestseller war laut Spiegel-Bestsellerliste das erfolgreichste Hardcover-Sachbuch des Jahres 2008, das zweiterfolgreichste des Jahres 2009 - und steht noch immer, auch in diesen Maitagen des Jahres 2010, ganz oben auf den Bestsellerlisten. Rund 1 Million mal wurde es bisher verkauft, in 23 Sprachen wurde es übersetzt.

„Eher geht ein Kamel durch ein Nadelöhr, als dass ein philosophisches Werk zum Bestseller wird. Falsch! Denn genau das ist jetzt geschehen“, schrieb seinerzeit das „Hamburger Abendblatt“ und fuhr fort: „Pole-Position für einen Philosophen. Das hat bisher kein philosophisches Sachbuch geschafft; schon keines, das lieber schwere Fragen stellt, als leichtsinnige Antworten zu geben.“ -

„Was kann ich wissen?“, „Was soll ich tun?“, „Was darf ich hoffen?“ und letztlich „Was ist der Mensch?“: Mit diesen grundlegenden Fragen schlägt Precht Schneisen durch den Dschungel der Philosophie, beschäftigt er sich mit der Erkenntnistheorie, mit Ethik und Moral, mit Fragen nach dem Glück, nach Freiheit, Liebe, Gott oder nach dem Sinn des Lebens. Fügt zusammen, was in der Praxis der Wissenschaften weit voneinander entfernte Sachgebiete sind, etwa philosophische, psychologische und neurobiologische Erkenntnisse. Bricht auf zu kleinen Weltreisen an die Orte des Geschehens und zu großen Köpfen der Philosophie. Und das Ganze so unakademisch im Sprachgebrauch, so verständlich, so anschaulich, so klug, humorvoll und erfrischend unterhaltsam, dass jede der 400 Buchseiten zu einer Abenteuerreise in die Welt der Philosophie gerät, zu einer aufregenden Entdeckungsreise zu uns selbst.

Wer ist er, der heute Abend unser Gast ist?
Und wenn ja, wie viele?
Er ist Philosoph, Schriftsteller, Publizist und Essayist, 1964 in Solingen geboren;
aufgewachsen in einer linksalternativen Familie mit fünf
Kindern, davon zwei vietnamesische Adoptivkinder, von
den Eltern als Zeichen gegen den Vietnamkrieg adoptiert;
ein linke Kindheit in der Provinz in den 70er Jahren,
liebevoll erinnert in seinem Buch „Lenin kam nur bis
Lüdenscheid“, das auch verfilmt wurde.
Er studierte Philosophie, Germanistik und
Kunstgeschichte an der Universität Köln und wurde 1994 in
Germanistik promoviert - mit einer Doktorarbeit über das
Thema „Die gleitende Logik der Seele. Ästhetische
Selbstreflexivität in Robert Musils ,Der Mann ohne
Eigenschaften‘“.
Er arbeitete seit 1997 als Redakteur, Essayist und Kolumnist
für verschiedene Zeitungen und Zeitschriften;
Er veröffentlichte 1997 ein Buch über ethische Fragen im Verhältnis von Mensch und Tier „Noahs Erbe“,
Er veröffentlichte zwei Romane, 1999 den detektivischen
Bildungsroman „Das Schiff im Moor“ (mit seinem Bruder
Jonathan) und 2002 den Nachwende-Roman „Die
Kosmonauten“ - über eine Zeit der Schwerelosigkeit in Berlin,
in dem sich ein Liebespaar treiben lässt wie auf einem
fremden Planeten, während im All der letzte sowjetische
Kosmonaut seine Runden dreht.
Auf eine gute Resonanz stieß 2005 die Autobiographie seiner Kindheit und Jugend „Lenin kam nur bis Lüdenscheid“ über die ideologischen Tiefausläufer der 68er-Bewegung in der bergischen Provinz, aus der Epoche zwischen Apo, Deutschem Herbst 1977 und Gründungskongress der Grünen im Januar 1980. Geprägt von einem klaren Feindbild, den USA, dem Land, das Vietnam bombardierte. Wodurch Coca-Cola ebenso verpönt war wie Ketchup, „Flipper“ oder „Raumschiff Enterprise“.
Nach zwei Romanen und drei Sachbüchern avancierte Richard David Precht mit dem Philosophie-Sachbuch „Wer bin ich und wenn ja wie viele?“ zum „Bestseller-Autor“, zum„Star-Philosophen“, zum „Märchenprinzen, der das Dornröschen der Philosophie wachküsst“. Der Dauergast ist in den Talkshows des Fernsehens oder sogar in Frauen-zeitschriften, die ihn mit Fragen nach seiner Schönheit löchern, nach männlicher Eitelkeit, nach Charme und schönen Händen.
Trotzdem fand Richard David Precht Zeit, dem ersten Bestsellerbuch ein weiteres Bestsellerbuch nachzuschieben: über das schönste Gefühl der Welt, die Liebe. Ein Thema, zu vielschichtig und uferlos, um zwischen zwei Buchdeckel zu passen oder in die bemessene Vortragsdauer eines Abends. Einmal mehr eine abenteuerliche Reise in die unterschiedlichsten Disziplinen der Wissenschaft.
Lassen wir uns lotsen durch den Parcours der Liebesforschung - von Deutschlands populärstem Philosophen.

Herzlich willkommen beim 9. Eifel-Literatur-Festival 2010 in Gerolstein, in der Stadthalle „Rondell“ - herzlich willkommen Richard David Precht. ---