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Kino für die Ohren - Festivalfinale mit Schätzing

26.10.2014

Frank SchätzingFrank Schätzing beschließt Eifel-Literatur-Festival mit multimedialem Spektakel


Ein Finale mit Knalleffekt(en) hat Bestsellerautor Frank Schätzing dem 11. Eifel-Literatur-Festival beschert. Vor rund 1200 Besuchern im Eventum Wittlich inszenierte er eine Lesung aus seinem aktuellen Thriller „Breaking News“ als Ohren-Kino mit Dolby-Surround-Effekten.

Wittlich. Welch eine Bandbreite an Literaturpräsentation das 11. Eifel-Literatur-Festival geboten hat, ist zu seinem Finale noch einmal besonders unterstrichen worden. Hatten noch eine Woche zuvor schlicht die Person des Benediktinerpaters Anselm Grün und sein freier Vortrag ein großes Publikum gefunden, so war es jetzt eine aufwändig multimedial inszenierte Show. Frank Schätzing hat gewissermaßen die klassische Autorenlesung in die Neuzeit des E-Books, der Hörbücher und der Blockbuster im Kino transferiert - konsequent, wenn man sich seinen in Interviews geäußerten Anspruch, unterhalten zu wollen, vor Augen führt.

Unterhaltsam ist das Spektakel, das er um seinen Thriller „Breaking News“ gebaut hat, tatsächlich. Es ist aber auch gewöhnungsbedürftig für die, die Literaturgenuss mit Stille und der Entwicklung eigener Vorstellungskraft verbinden.

Los geht die Show mit einer dröhnenden Geräuschkulisse, die von allen Seiten über das Publikum flutet. In sich überlagernde Fetzen aus Nachrichtensendungen mischt sich bald das Brummen von Motoren oder das Schreien kreisender Geier. Es ist der Soundtrack zum ersten Kapitel von „Breaking News“, in dem die für die Action im Buch zuständige Hauptfigur, der Kriegsreporter Tom Hagen, eingeführt wird. Frank Schätzing liest daraus, dabei ist im völlig abgedunkelten Saal nur sein vom Tablet schemenhaft beleuchtetes Gesicht zu sehen. Er liest mit kraftvoller Stimme, dramatischer Betonung und effektvollen Kunstpausen. Das schürt durchaus Spannung, wirkt aber in der minutiösen Abstimmung mit den illustrierenden Geräuschen als werde ein Hörbuch abgespielt.

Bald ist das Lesekapitel auch schon beendet. Es wird hell, und Frank Schätzing geht zu einem referierenden Vortrag über, an dessen Beginn eine Geschichtsstunde in Sachen Israel steht. Denn sein Buch handelt vom Nahost-Konflikt und einem seiner Hauptakteure, Ariel Scharon. Schätzing trägt routinierte Lockerheit zur Schau, die aber durch die allzu präzise Einstudierung sogar der Pointen Spontaneität vermissen lässt. Inhaltlich jedoch bietet dieser Teil der Show, der durch kleine Jingle-Einspielungen in Szenen gegliedert ist, einigen Erkenntnisgewinn. Denn Frank Schätzing berichtet teils anekdotisch über seine Recherche-Erlebnisse in Israel, und kann Dinge erzählen, die in den täglichen Nachrichten verborgen bleiben.

Schätzing mit OfrinIn seinen Begegnungen mit Israelis und Palästinensern hat er viele persönliche Bande der Freundschaft zwischen ihnen und eine gemeinsame Sehnsucht nach Frieden entdeckt. Das Schwarz-Weiß-, Freund-Feind-Schema greife hier nicht, sagt er. Auch hat er einen verbindenden Humor vorgefunden, mit dem Juden wie Muslime ihren Alltag im von radikalen Fanatikern geschürten Nahost-Konflikt bewältigen. Davon gibt er einige Kostproben, bevor er in Gestalt der israelischen Sängerin Ofrin eine Repräsentantin des jungen, modernen Israel, wie er es kennen und schätzen gelernt hat, auf die Bühne holt. Mit einer Stimme, die der der Isländerin Björk ähnelt, singt sie elegische Popsongs, die die Stimmung aus Schätzings Schilderungen nachhallen lassen. Auch das ist sehr effektvoll und routiniert in Szene gesetzt.

Zum Schluss taucht Schätzing noch einmal ins Buch ein, serviert das actionreiche Kapitel einer Verfolgungsjagd. Reporter Tom Hagen und seine israelische Begleiterin fliehen vor Geheimdiensten durch die Altstadt von Nablus. Hier geht es mit atemlosem Tempo und knalliger Geräuschkulisse noch einmal so zur Sache wie in Kino-Blockbustern. Man darf gespannt sein auf die anstehende aufwändige Verfilmung für das Fernsehen. emma

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