Festivalarchiv 2006 bis 2018

Hans Joachim Schädlich Deutscher Autor von Weltrang

Hans Joachim Schädlich gilt als so bedeutend wie Günter Grass. Er ist in Lexika der Weltliteratur zuhause. Und doch ist er einem breiteren Publikum nicht entfernt so bekannt. In Bitburg bietet sich die Gelegenheit, ihn zu entdecken.

Schon mit seinem Erzähldebüt „Versuchte Nähe“ machte er 1977 Furore - eine literarische Abrechnung mit dem lebensfeindlichen Unterdrückungssystem der DDR. Sein Romandebüt gab er 1984 mit „Tallhover“ - Name des ewigen politischen Spitzels in der deutschen Geschichte von 1842 bis 1955, von Metternich über Hitler bis Ulbricht. „Themen wie intellektuelle Korruption, Anpassung an politische Macht und - immer wieder - die kommunistische Diktatur stehen im Zentrum von S.s umfangreichem Werk“ (Killy, Bd. X, 2011).

Um Täter und Anpasser kreisen die Bücher eines Autors, dem nach zwei deutschen Diktaturen die freiheitliche demokratische Gesellschaft die Voraussetzung der eigenen Existenz geworden ist. In seinem jüngsten Buch (Januar 2012) widmet sich Schädlich der Beziehung zwischen dem Philosophen Voltaire und dem Preußenkönig Friedrich dem Großen (300. Geburtstag 2012).  Absolutistische Machtfülle und freiheitlicher Geist: sie erweisen sich als unvereinbar. Schädlich gilt als großer Stilist. Mit kargen, fast schmucklosen Worten eröffnet er einen ganzen Kosmos.

Hans Joachim Schädlich:

Geboren am 8.10. 1935 in Reichenbach (Vogtland). Studierte Germanistik in Berlin und Leipzig. Von 1959 bis 1976 Mitarbeiter der Ostberliner Akademie der Wissenschaften, anschließend freier Übersetzer. Seit 1969 literarische Arbeiten, die in der DDR nicht erscheinen konnten. 1976 Mitunterzeichner der Petition gegen Wolf Biermanns Ausbürgerung, 1977 Übersiedlung nach Hamburg, später Berlin. Weitere Werke u.a.: Tallhover (1986), Schott (1992), Kokoschkins Reise (2010). Zahlreiche Auszeichnungen: u.a. Heinrich-Böll-Preis (1992), Kleist-Preis (1996), Preis der SWR-Bestenliste (2007), Joseph-Breitbach-Preis (2011).